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Verlustabzug bei Kapitalgesellschaften: Regelung zum schädlichen Beteiligungserwerb verfassungswidrig

Mit heute veröffentlichtem Beschluss vom 29. März 2017 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Regelung zum schädlichen Beteiligungserwerb beim Verlustabzug bei Kapitalgesellschaften mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. Der Gesetzgeber muss bis 31. Dezember 2018 rückwirkend eine Neuregelung treffen.

Kapitalgesellschaften können negative Einkünfte, die im Veranlagungsjahr nicht ausgeglichen werden, in bestimmten Grenzen vom Gesamtbetrag der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums und der folgenden Veranlagungszeiträume abziehen. Davon macht § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG (ehemals § 8c Satz 1 KStG) eine Ausnahme. Werden innerhalb von fünf Jahren unmittelbar oder mittelbar mehr als 25 Prozent des gezeichneten Kapitals an einer Kapitalgesellschaft übertragen (sog. schädlicher Beteiligungserwerb), kann die Kapitalgesellschaft die bis dahin nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte nicht mehr abziehen, soweit sie rechnerisch auf den übertragenen Anteil entfallen. Die nicht genutzten Verluste gehen anteilig unter, obwohl die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kapitalgesellschaft durch die bloße Anteilsübertragung nicht verändert wird.

Kein sachlich einleuchtender Grund für Ungleichbehandlung

Diese Regelung ist nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes unvereinbar. Es fehle ein sachlich einleuchtender Grund für die Ungleichbehandlung von Kapitalgesellschaften bei der Bestimmung ihrer steuerpflichtigen Einkünfte im Fall eines sogenannten schädlichen Beteiligungserwerbs.

Zwar sei das Ziel der Bekämpfung von legalen, jedoch unerwünschten Steuergestaltungen, insbesondere des Handels mit vortragsfähigen Verlusten (sog. Mantelkauf), ein legitimer Zweck, der Ungleichbehandlungen rechtfertigen könne. Allerdings seien die Grenzen zulässiger Typisierung überschritten, wenn zur Erfassung solcher Gestaltungen allein an die Übertragung eines Anteils von mehr als 25 Prozent angeknüpft wird.

Der Gesetzgeber muss bis 31. Dezember 2018 rückwirkend für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2015 eine Neuregelung treffen.

(BVerfG / STB Web)

Eingestellt am: 06.06.2017