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Ist die Mindestbesteuerung verfassungswidrig?

Die so genannte Mindestbesteuerung ist in ihrer Grundkonzeption nicht verfassungswidrig. Jedoch gilt dies nur für den Normalfall. Wenn der zeitliche Aufschub der Verlustverrechnung jedoch in einen endgültigen Ausschluss hineinwächst, könnte das gegen die Verfassung verstoßen.

Die Einkommen- und Körperschaftsteuer soll die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Steuersubjekts abschöpfen. Ihre Bemessungsgrundlage ist deshalb das Nettoeinkommen nach Abzug der Erwerbsaufwendungen. Fallen die Aufwendungen nicht in demjenigen Kalenderjahr an, in dem die Einnahmen erzielt werden oder übersteigen sie die Einnahmen, sodass ein Verlust erwirtschaftet wird, ermöglicht es das Gesetz, den Verlustausgleich auch über die zeitlichen Grenzen eines Bemessungszeitraums hinweg vorzunehmen (sog. überperiodischer Verlustabzug). Seit 2004 ist dieser Verlustabzug begrenzt: 40 Prozent der positiven Einkünfte oberhalb eines Schwellenbetrags von 1 Mio. Euro werden auch dann der Ertragsbesteuerung unterworfen, wenn bisher noch nicht ausgeglichene Verluste vorliegen (sog. Mindestbesteuerung). Damit wird die Wirkung des Verlustabzugs in die Zukunft verschoben.

Bundesverfassungsgericht muss entscheiden

In einem aktuellen Streitfall (BFH-Beschluss vom 26.02.2014, Az. I R 59/12) musste eine Kapitalgesellschaft eine ihr zustehende Geldforderung zu einem Bilanzstichtag in voller Höhe auf Null abschreiben, wodurch ein Verlust entstand. Zwei Jahre später kam zu einer gegenläufigen Wertaufstockung, was einen entsprechenden Gewinn zur Folge hatte. Eine vollständige Verrechnung des Verlusts mit dem Gewinn im Wege des Verlustabzugs scheiterte im Gewinnjahr an der Mindestbesteuerung. Zwischenzeitlich war die Kapitalgesellschaft insolvent geworden, so dass sich der nicht ausgeglichene Verlust steuerlich auch in der Folgezeit nicht mehr auswirken konnte. In dem dadurch bewirkten Definitiveffekt der Mindestbesteuerung sah der BFH einen gleichheitswidrigen Eingriff in den Kernbereich des ertragsteuerrechtlichen Nettoprinzips. Darüber, ob das zutrifft, wird nun das Bundesverfassungsgericht im Rahmen einer Normenkontrolle zu entscheiden haben.

(BFH / STB Web)

Eingestellt am: 06.10.2014